„In vier Wochen wollen wir ein besonderes Opfer für eine arme Familie zusammenlegen!“, hatte der Pastor angekündigt. „Lasst euch etwas einfallen. Und spart ein bisschen!“ Ocy, Amy und Darlene hörten es mit Spannung. Und bombardierten ihre Mutter nach dem Gottesdienst gleich mit Vorschlägen. Dabei hatten sie selbst kaum genug zum Leben. Papa war vor fünf Jahren gestorben und hatte Mama mit sieben Kindern und ohne Geld zurückgelassen. Jetzt schrieb man das Jahr 1946. Und Mama hatte „nur“ noch drei Töchter zu versorgen. Aber sie wollten dieser armen Familie helfen. Kauften darum gleich am nächsten Tag einen Sack mit 50 Pfund Kartoffeln, um davon einen Monat lang zu leben. Ersparnis: 20 Dollar für Lebensmittel. Und sie beschlossen, das Licht früher zu löschen und kein Radio mehr zu hören. Das würde die Stromrechnung senken. Und jede der Töchter ging in der Nachbarschaft putzen oder babysitten. Und am Abend häkelten sie kleine Topfuntersetzer, die sie für 30 Cent pro Stück verkauften. Nach vier Wochen tauschten sie ihr Erspartes und Verdientes um in druckfrische Scheine. 70 Dollar Stolz und glücklich legten sie am Sonntag ihr Geld in den Kollektenteller. Sie konnten helfen, eine arme Familie glücklich zu machen. Sie waren REICH.

Am Nachmittag kam unerwartet der Pastor zu Besuch. Und aber reichte ihnen strahlend einen Briefumschlag. Für SIE hatte man in der Gemeinde gesammelt! Wie benommen öffneten sie den Umschlag: Heraus fielen „ihre“ 70 Dollar und 17 weitere Ein-Dollar-Scheine. Es war wie ein Schock: SIE waren die arme Familie! SIE waren ARM! Die anderen hatten es schon immer gewusst. Und sie wussten es nun auch. Und das Geld – was sollten sie mit dem Geld anfangen? Sie hatten nie so viel Geld gehabt.

Da trat am folgenden Sonntag ein Missionar aus Afrika auf die Kanzel ihrer Gemeinde. Er erzählte, die meisten kleinen Kirchen dort hätten kein Dach als Schutz gegen die Sonne und gegen den Regen. Dabei koste so ein Dach nur rund 100 Dollar. Natürlich wurde anschließend für ein Kirchendach gesammelt. Mama, Ocy, Amy und Darlene sahen einander an und waren sich sofort einig: HIER würden sie ihre 87 Dollar ausgeben! Am Ende des Gottesdienstes waren „etwas über 100 Dollar“ zusammengekommen. Der Missionar war überglücklich. Eine solche Kollekte hatte er nicht erwartet. „In dieser Gemeinde muss es ein paar wirklich reiche Leute geben!“, sagte er. Strahlend und singend zog die kleine Familie anschließend nach Hause. SIE waren die reichen Leute. SIE hatten 87 „von etwas über 100 Dollar“ gegeben. SIE waren REICH!

Diesen Text von Jürgen Werth fand ich in der „Antenne“, der Programmzeitschrift
des Evangeliums-Rundfunks. Nach dem Lesen musste ich ein wenig
schmunzeln und wurde gleichzeitig nachdenklich. Und dachte mir, dass er auch
zum Bewusstsein des Erntedanktages (3. Oktober) passen könnte.

Christof Radoch

Andacht Oktober 2004